Gendern nervt? Zu dieser Annahme kommen derzeit immer mehr Menschen. Was in dieser Überschrift mit einem Augenzwinkern beginnt, ist in Unternehmen, Schulen, Universitäten, Redaktionen und bei vielen Freelancer:innen zu einer echten Herausforderung geworden. Dabei sollte das Gendern kein Problem darstellen, wenn man es akzeptiert und richtig anwendet. Zugegeben, die Kreativität und der gewünschte Schreib- und Lesefluss wird beim Verfassen von Texten dadurch zunehmend herausgefordert, aber ist die deutsche Sprache nicht schon immer eine einzige Herausforderung gewesen?
Richtig gendern 2024 – oder: Wie wir die Sprachfessel lösen
Vielleicht zunächst ein kleiner Blick zurück: Warum sehen wir überall diese Sternchen und Doppelpunkte? Gendern kann als kreatives Werkzeug gesehen werden, das uns hilft, die Vielfalt unserer Gesellschaft in Sprache abzubilden. Doch wie jedes Werkzeug birgt es seine Herausforderungen und wird nicht selten zur Zielscheibe kontroverser Diskussionen. Die Debatte ist am Kochen – doch letztlich geht es um mehr als nur Sprachwissenschaft und Sprachfluss, es geht um Menschen und wie wir sie wahrnehmen und ansprechen. Und ja, wir bewegen uns in einem Spannungsfeld, irgendwo zwischen Diversität und Dilemma.
Gendern: kreative Freiheit oder Sprachfessel?
Gendern kann auf den ersten Blick als sprachliche Herausforderung wahrgenommen werden. Doch sobald man sich mit der Materie vertraut macht, entpuppt es sich als eine Art kreative Freiheit. Es ermöglicht uns, Sprache neu zu denken und damit aktiv an der Gestaltung einer inklusiveren Gesellschaft mitzuwirken. Und um das gleich vorwegzunehmen: es gibt weder in 2024 noch in den nächsten Jahren eine Sprachpolizei, die uns das Gendern vorschreiben wird. Es ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die jeder von uns mitbestimmen kann. Vielleicht auch ein Grund, weshalb der Duden das Gendern bis dato noch nicht ins amtliche Regelwerk aufgenommen hat.
Rund um das Thema Gendern gibt es zahlreiche kontroverse Debatten. Während die einen es als wichtigen Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit sehen, empfinden andere es als unnötige Verkomplizierung der Sprache, ja sogar als ästhetischen Affront. Solche Diskussionen zeigen, dass Sprache weit mehr ist als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und ihrer Werte.
Erste Schritte im Gender-Dschungel
Sternchen, Unterstriche und Doppelpunkte sind im Kontext des Genderns keine bloße Zeichensetzung. Sie sind visuelle Brücken, die darauf abzielen, alle Geschlechter in unserer Sprache sichtbar zu machen. Ihre Anwendung erweitert unser sprachliches Spektrum und lässt Raum für Geschlechtervielfalt.
Beispielsweise schließt das ehemalige Binnen-I (KollegInnen) oder gar ein Schrägstrich (Schüler/innen) lediglich zwei Geschlechter ein: Mann und Frau. Ein Doppelpunkt, Unterstrich oder Sternchen steht dagegen für sämtliche andere Geschlechter wie beispielsweise Transgender oder Non-binäre.
Am Ende hat jede Methode das Ziel, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und alle Menschen in der Sprache sichtbar zu machen. Welches du nutzt, liegt an dir. Doch was bedeutet es, wenn man sich dem widersetzt? Die einfache Antwort: nichts. Es bringt lediglich zum Ausdruck, dass dir das Thema nicht allzu sehr am Herzen liegt. Und das ist auch völlig in Ordnung. Ein Grund, der immer angeführt wird, ist, dass es doch wesentlich wichtigere Dinge im Leben gibt. Das stimmt. Aber kulturhistorisch gab es immer wichtigere Dinge, als sich mit Sprache oder anderen gesellschaftlichen Dingen zu befassen. Gleichzeitig sollten Menschen, die sich gegen das Gendern entscheiden, nicht diffamiert werden. Dass Gendern den Lesefluss beeinträchtigt, ist schließlich ein ernst zu nehmender Grund.
Gendern, ohne den Schreibfluss zu verlieren
Keine Frage, das Gendern kann manchmal wie ein Stolperstein im Textfluss wirken. Aber keine Sorge! Es gibt kreative Strategien und Tools, die uns dabei helfen, das Gendern zu meistern, ohne dabei den Rhythmus zu verlieren.
Ein Trick ist beispielsweise die Nutzung von Synonymen oder geschlechtsneutralen Begriffen. Auch das Formulieren von Sätzen im Plural kann hilfreich sein, da hier das Geschlecht oft weniger relevant ist. Mit etwas Übung wird das Gendern so zu einer intuitiven Praxis, die den Schreibfluss nicht hemmt, sondern bereichert:
Statt „Jeder Mitarbeiter“ könnte man „Alle Beschäftigten“ sagen oder schreiben.
Anstatt „Der Kunde muss zufrieden sein“ könnte man formulieren „Es ist wichtig, Kundenzufriedenheit zu gewährleisten“.
Der Ausdruck „Jeder hat das Recht ...“ kann durch „Es besteht ein allgemeines Recht ...“ ersetzt werden.
„Die Mitarbeiter sind verantwortlich für …“ könnte man durch „Die Verantwortung für … liegt beim Team“ ersetzen.
Statt „Der Autor meint ...“ könnte man schreiben „Laut Textaussage ...“.
Die Diskussion ums Gendern lädt alle Schreiberlinge dazu ein, verstärkt über die eigenen Texte nachzudenken. Selbst KI wird hierzu keine Empfehlung abgeben, da es eine persönliche Entscheidung ist, wie Autor:innen ihre Texte in diesem Punkt verfassen wollen.
Weitere Beispiele:
Statt „Die Lehrerinnen und Lehrer“ könnte man „Die Lehrkräfte“ verwenden.
„Die Schülerinnen und Schüler“ kann durch „Die Lernenden“ ersetzt werden.
Anstatt „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ könnte man „Beschäftigte“ sagen.
Statt „Kundinnen und Kunden“ könnte man „Kundschaft“ oder „Klientel“ verwenden.
Anstatt „Autorinnen und Autoren“ könnte man den neutralen Begriff „Verfassende“ oder ganz salopp wie weiter oben „Schreiberlinge“ nutzen.
Tools und Techniken, die dir das Gendern vereinfachen
Zum Glück gibt es heute zahlreiche Tools und Techniken, die uns das Gendern erleichtern. Online-Genderwörterbücher können hilfreiche Alternativen für gängige Begriffe bieten, und Text-Plugins können bei der Umsetzung gendergerechter Schreibweisen assistieren. Ebenso kann es hilfreich sein, sich regelmäßig mit aktuellen Debatten und Entwicklungen rund um das Thema Gendern auseinanderzusetzen, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.
Der Online-Duden bietet ein Genderwörterbuch, das geschlechtergerechte Alternativen für viele Begriffe bietet und Plugins wie „LanguageTool“ können in Textverarbeitungsprogrammen oder Browsern installiert werden und helfen bei der gendergerechten Textgestaltung. Auch einige Schreibprogramme bieten mittlerweile eine automatische Gender-Funktion an, die während des Schreibens Vorschläge für geschlechtergerechte Formulierungen macht.
Abschließende Gedanken: Richtig gendern mit Spaß und Kreativität
Gendern ist mehr als ein sprachlicher Trend, es ist eine Einladung, die Vielfalt unserer Gesellschaft kreativ zu feiern. Und wer weiß? Vielleicht prägt das Gendern eines Tages nicht nur unsere Sprache, sondern auch die Art und Weise, wie wir die Welt sehen und erleben.
Das Gendern ist mehr als nur eine sprachliche Modeerscheinung oder eine Pflichtübung. Es ist eine Manifestation des gesellschaftlichen Wandels, ein Ausdruck von Respekt und Inklusion. Gendern hilft dabei, Stereotypen aufzubrechen und Gleichstellung sichtbar zu machen. Und selbst wenn wir uns gelegentlich lustig über absurde Varianten des Genderns machen (z. B. bei den berüchtigten Mitglieder:innen), zeigt es doch nur, wie wichtig uns die Sprache ist und wir uns dem Thema in Zukunft weiter annähern.